(Am 06.11.2022 geschrieben und als Rohmanuskript sofort hochgeladen. Die Autorin behält sich vor, Änderungen und Korrekturen für die finale Version vorzunehmen, welche nach 15 einzelnen Episoden im Bookshop als PDF´s und Ebooks zu kaufen sein werden)
Episode 1 : "Eine beeindruckende Begegnung"
(Verpasse nicht, die spannende Einleitung vorab zu lesen)
Ich sitze an meinem knorrigen Schreibtisch und blicke durch das Fenster auf die dunkle Bucht, die vor mir liegt. Die Lichter des Ortes gegenüber werfen ihren Schimmer auf den See. Ich genieße zusammen mit meinem Kater die Ruhe dieses lauen Herbstabends. Meine Gedanken sind bei Susan, die ich gestern das erste Mal in einem Café auf Korsika traf und deren Biographie ich heute beginne.
Sie ist wirklich eine beeindruckende Persönlichkeit. Ich erinnere mich zurück, als ich auf der Terrasse des Cafés saß und auf sie wartete, ohne zu wissen, wie sie aussieht. Ich genoss die Sonne, als plötzlich diese lässige, jugendlich wirkende, zierliche Frau durch die Tür nach draußen trat, die diesen großen löwenartigen Hund bei sich hatte. Ihre wilden blonden Haare strahlten mit der Mähne des gemütlich trottenden rotblonden Hundes um die Wette. Ich dachte: Wow, das ist ja mal ein echtes Dreamteam und ich wünschte mir, dass das hoffentlich Susan sein möge.
Wir hatten, ganz in Agentenmanier, ein geheimes Erkennungszeichen vereinbart, weil wir es beidseitig zu profan fanden, uns per Handy anzurufen, damit wir uns erkennen. Ich schob also meinen Kugelschreiber hinter mein Ohr, damit sie mich erkannte. Die Frau sah es und kam auf mich lächelnd zu. Sie trug eine Jeans, ein Shirt und einen Jeansmantel. Dazu poppige Westernboots. Wenn ich nicht schon gewußt hätte, wie alt sie ist, hätte ich sie auf Mitte oder Ende 30 geschätzt. Unfassbar, dass diese positiv und unbeschwert wirkende Frau schon so viel mehr erlebt hat, als man ihr ansieht, dachte ich bei mir. Anhand der Vorkorrespondenz konnte ich mir davon bereits ein gutes Bild machen. Ich war aber nun gespannt, wie die Geschichte im Detail ist:
„Hi, ich bin Susan und das ist mein Lebensgefährte Simba.“, begrüßte sie mich lachend, als sie vor meinem Tisch angekommen war. Ich stand auf, reichte ihr meine Hand und konnte es nicht lassen, danach diese freundliche, fluffige Fellnase neben ihr zu streicheln. „Was für ein lieber und wunderschöner Hund!“, sagte ich zu ihr, während wir uns setzten.
„Ja,“ erwiderte Susan. „Er ist ein wirklich tolles Tier. Sehr eigensinnig, aber total lieb. Er war ein geschlagener Kettenhund und hatte eine sehr harte Jugend. Als man ihn nicht mehr wollte, haben sie ihn einfach auf der Autobahn aus dem Auto geworfen. Leute sahen ihn dort mehrere Tage völlig abgemagert herumlaufen, bis er schließlich von einem Auto erfasst wurde und er sich dadurch ein Hinterbein brach. Danach hatte er sich mit letzter Kraft in ein Dorf geschleppt, wo ihn die Polizei zusammengebrochen am Straßenrand fand und ihn schließlich ins Tierheim brachte.“ Ich war sehr traurig, das zu hören, denn auch ich liebe Tiere. „Das ist ja schrecklich!“, entgegnete ich und wollte weiter wissen, ob sie ihn aus dem Tierheim direkt adoptiert hat. Sie nickte und fügte an: „Ja, ich habe ausschließlich Tiere aus dem Tierschutz. Für mich muss kein Lebewesen produziert werden. Es gibt genug Elend auf der Welt. Ich nehme die, die keiner haben will und am liebsten nehme ich die Kämpfer.“
Ich sah sie an und stellte fest: „Sie mögen also ihresgleichen? Die, die keiner will; die, die nicht aufhören zu kämpfen; die, die eigensinnig sind?“ Susan grinste verschmitzt: „Ja, da kann was dran sein. Ich kann mich mit diesen Geschöpfen am besten identifizieren und ich liebe es, wenn ich sehe, dass sie so ein viel besseres Leben doch noch bekommen haben.“
Ich nickte und winkte dem Kellner herbei, der sogleich noch einen Kaffee servierte. Als er wieder weg war, sagte ich: „Sie sind wirklich eine starke Frau, nach dem, was sie mir schon in ihren Emails
zuvor berichtet haben, bin ich bereits sehr fasziniert. Wie ich ihnen schon sagte, würde ich sonst keine Biographie für jemanden schreiben.“
„Ja, das weiß ich und ich freue mich sehr, dass sie nun trotzdem eine Ausnahme machen. Ich habe selbst schon ein paar Mal versucht, meine Lebensgeschichte zu schreiben, weil mir immer wieder Freunde oder sogar meine Anwälte rieten, ich solle das mal machen. Sie meinten, dass das, was ich immer so erlebe, wirklich jedesmal filmreif ist. Aber irgendwie kam ich damit nicht weiter. Dreimal habe ich damit schon begonnen, aber ich wurde in diesen Biographien nie älter als 20 Jahre alt.“ lachte sie auf. Ich musste mitlachen und versicherte ihr, dass es nun gelingen würde, sie älter werden zu lassen.
„Sagen sie“, wollte ich weiter wissen, „möchten sie die Biographie schreiben, weil sie mit jemand abrechnen möchten?“ Sie schüttelte den Kopf und sagte: „Nein, keinesfalls. Sicher gab es in meinem Leben einige schlimme Situationen, da wünschte ich mir manchmal ein wenig, dass die Gerechtigkeit das Böse hoffentlich bestrafen möge. Aber ich bin kein vergeltender Mensch, denn ich weiß, das würde mich nur auf die selbe niedrige Stufe meiner Widersacher stellen. Da will ich aber nicht hin. Ich will meine Geschichte erzählen, weil sie besonders ist. Sie kann anderen Menschen und vor allem Frauen Mut machen und sie kann unterhalten. Oh ja, sie kann unterhalten!“ wiederholt sie mit stärkerer Betonung und fügt nach einer kleinen Pause zwinkernd an: „Ich habe wirklich mit niemandem eine Rechnung zu begleichen. Das Schicksal rechnet ohnehin mit allen Menschen ab.“ Ich nickte beruhigt, da es meiner Denkweise entsprach und so einigten wir uns, dass einige Orte, Namen und andere charakteristische Merkmale ihrer Geschichte teilweise verändert werden.
„Dann will ich mal die Aufnahme starten, damit sie mir den Anfang ihres Lebens erzählen können.“,sagte ich, während ich das Handy vor ihr auf den Tisch legte. „Wenn sie bereit sind, fangen sie einfach an zu erzählen. Ok?“ Sie nickte und ich drückte auf den Startknopf.
An meinem Tee nippend, blicke ich weiter auf den See und drücke abermals den Startknopf ihrer Audioaufnahme. Ich will in Ruhe nochmal hören, was sie mir gestern erzählte und zeitgleich werde ich versuchen, ihre Geschichte direkt aufzuschreiben:
Es war im Sommer 1971, als Frieda durch das beschauliche Örtchen am Alpenrand lief, um für sich nach einer kleinen günstigen Wohnung zu suchen. Sie war wie immer akkurat gekleidet und auch die graumelierten kurzen Haare saßen natürlich wieder wie frisch vom Friseur kommend. Frieda Michl, 1912 in Breslau geboren, im Krieg aus Schlesien geflüchtet und nun auf der Suche nach einer neuen Wohnung am Alpenrand.
Von weitem sah sie diesen starken Mann, der mit nacktem Oberkörper an seinem frisch gebauten Haus im Vorgarten arbeitete. Den wollte sie fragen, denn wer nichts wagt, der kann auch nichts gewinnen, dachte sie sich beherzt. Zielstrebig ging sie auf ihn zu und fragte ihn, ob das sein schönes Haus wäre, an dem er da baut. Der muskulöse, in seine Arbeit vertiefte, Mittdreissiger sah auf und fühlte sich wahrlich geschmeichelt, denn das Haus hat er mit viel Eigenleistung selbst gebaut. „Ja, das ist mein Haus.“, entgegnete er voller Stolz.
„Sagen sie,“ wollte sie wissen. „Haben sie vielleicht eine kleine Wohnung für mich frei? Ich bin ruhig, ordentlich und alleinstehend. Ich brauche nicht viel, aber ich mag es sauber und geordnet. Momentan arbeite ich noch als Hausdame bei einer Gräfin, bei der ich in einer kleinen Einliegerwohnung lebe. Ich möchte mich aber für meine Rente vorbereiten und bin daher auf Wohnungssuche. Ihr Haus gefällt mir sehr.“ Der junge Mann konnte Geld gut gebrauchen, war er doch noch immer einer der schlechter bezahlten Polizisten im Ort, da er sich erst hocharbeiten musste, nach seiner Zeit bei der Armee.
Aber leider hatte er außer einem kleinen Keller Souterrain nichts, was er anbieten konnte. Er brauchte Platz für seine Frau und seine zwei Kinder. Eine andere Wohnung im Haus war bereits an einen alleinstehenden älteren Herren vermietet. Nachdem Frieda nicht locker ließ, es sehen zu dürfen, zeigte er es ihr. Sie war begeistert, denn die Wohnung hatte alles, was sie brauchte: eine kleine Küche, ein Schlaf-Wohnzimmer, ein kleines Bad, das zwar nicht optimal, aber zweckmäßig war. Aber vor allem hatte sie Zugang zum Garten, den Frieda mit nutzen durfte.
Bei der Gelegenheit lernte sie auch seine Ehefrau kennen. Eine dunkelhaarige, sehr temperamentvolle, aber äußerst sympathische junge Frau. Man wurde sich einig und so kam es, dass Frieda - meine Viva - in unser Haus einzog, 6 Monate bevor ich geboren wurde…
Nächsten Sonntag gehts weiter mit Susans spannender Biographie. Verpasse es nicht und vergiss auch nicht, die spannende Einleitung vorab zu lesen.
Und jetzt ein wenig Interaktion. Mach mit und rate :-):
Wer ist die zweite starke Frau neben Susan?
Die Autorin
Die Mutter
Frieda
Sehr gut geschriebener Beginn,es läßt einen langsam in die Geschichte reinkommen und man bekommt Lust auf die Fortsetzung...